24. September 2018

L'Italiana in Algeri - Ouvertüre und Einleitung


Es wird Zeit, hier eine meiner Lieblingsopern vorzustellen. Die Italienerin in Algier entstand innerhalb von nur vier Wochen. Gerade als Gioachino Rossini im April 1813 nach der Premiere von "Tancredi" nach Venedig zurückkehrte, bat ihn der Impresario Cesaro Gallo, ihm bis Ende Mai eine Oper zu komponieren. Rossini übernahm die Aufgabe und lieferte ein Werk ab, welches das Publikum in seinen Bann zog und bei seiner Premiere nicht enden wollende Beifallsstürme auslöste.


 Szenenbild von Francesco Bagnara für eine Aufführung
 von L'Italiana in Algeri - Venedig (1826)

Die Italiana ist die erste von mehreren Opern Rossinis, in der eine tiefere Frauenstimme (Koloratur-Alt) einen bedeutenden Part übernimmt - in diesem Fall die Hauptfigur, die Italienerin Isabella.
Das Libretto stammt von Angelo Anelli und zeigt die im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert in Europa wachsende Faszination mit dem Orient und Nordafrika. Gleichzeitig parodiert Rossini mit dem Werk andere populäre Rettungsopern, wie beispielsweise Mozarts Entführung aus dem Serail. "Parodiert" deshalb, weil die Titelheldin entgegen dem vorherrschenden Frauenbild eine selbstbewusste und kluge Frau ist, die ihren hilflosen Geliebten aus dem Palast des Beys von Algier befreien muss (und nicht etwa andersherum). Dies schafft sie ohne große Mühe und belehrt nebenbei den stolzen Herrscher, dass eine Frau alles erreichen kann, was sie will. So heißt es im Schlusschor:

La bella Italiana,
Venuta in Algeri,
Insegna agli amanti,
Gelosi ed alteri,
Che a tutti, se vuole,
La Donna la fa.

(Die schöne Italienerin,
die nach Algier kam,
lehrt die Liebenden,
eifersüchtige und hochtrabende,
dass sie alle nach Belieben
die Frau zum Narren hält.)

Doch dazu kommen wir erst später ;) Beginnen wir am Anfang: mit der  


Ouvertüre


Diese komponierte Rossini in der gleichen Form wie die meisten Ouvertüren seiner Opern. Man könnte sie als eine Art verkürzte Sonatenhauptsatzform bezeichnen. Das Werk beginnt mit einer theatralisch langsamen Einleitung und steigert sich dann zu einem aufregenden Allegro mit zwei kontrastierenden Themen. Das erste Motiv ist schnell und "konfus" - es spiegelt gewissermaßen die Verwirrung und das Durcheinander wider, welche durch Mustafas Eskapaden und Isabellas Eintreffen an seinem Hof verursacht werden. Das zweite, lieblichere Thema könnte unter anderem Lindoros Dilemma, Elviras Liebeskummer oder auch die Liebes-Wirrungen im Allgemeinen verkörpern, bevor es sich in einem Crescendo zu einem Motiv steigert, welches uns später noch einmal in der Oper begegnen wird (in Taddeos Arie "Ho gran peso sulla testa").
Nach einer Wiederholung beider Themen folgt in einem gewaltigen Crescendo das furiose Finale der Ouvertüre und hinterlässt den Hörer voller Spannung und Vorfreude auf das weitere Geschehen.

Hier Sir Neville Marriner mit der Academy of St.Martin in the Fields:





Einleitung: Serenate il mesto ciglio

 

Wir befinden uns im Palast von Mustafa. Dieser ist der Bey von Algier - also der Statthalter des  Sultans in der nordafrikanischen Provinz.
Umgeben von einem Eunuchen-Chor begegnet uns zunächst Elvira, Gattin des Beys. Die Unglückliche beklagt ihr Schicksal: sie muss erkennen, dass ihr Mann sie nicht mehr liebt. Während ihre Sklavin und Vertraute Zulma ihr Mut zuspricht, haben die Eunuchen weniger ermunternde Worte für sie:

Qua le femmine son nate
Solamente per soffrir / per servir.

(Hier sind die Frauen
nur zum Leiden / zum Dienen geboren.)

Schließlich betritt Mustafa selbst die Bühne und verkündet lauthals, dass weibliche Arroganz, Anmaßung und Prunksucht in seinem Palast keinen Platz haben. Als Elvira sich ein Herz fasst und ihn konfrontieren will, weist er sie grob zurück: "Du gehst mir auf die Nerven. [...] Ich weiß nicht, was ich mit dir noch anfangen soll."

Elvira, Zulma und Haly (der Kapitän der algerischen Korsaren) zeigen sich bestürzt und ratlos angesichts dieser Grobheit und schimpfen über den Tyrannen. Mustafa jedoch bleibt ungerührt bei seinem Standpunkt (ein wenig kann man ihn ja verstehen, seine Angetraute ist doch außerordentlich schrill)...


Elvira - Norma Palacios-Rossi (Sopran)
Zulma - Gigliola Caputi (Mezzosopran)
Haly - Alfredo Mariotti (Bariton)
Mustafa - Sesto Bruscantini (Bass)
Staatskapelle Dresden und der Chor der Staatsoper Dresden, 1978

...Fortsetzung folgt! ;)

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