16. September 2018

Und ewig lockt das Weib...

Dass die sprichwörtlichen Waffen einer Frau manchmal mächtiger sind als jedes Schwert, hat sich im Laufe der Geschichte nur allzu oft bestätigt. Da genügt ein Blick, ein Wort zur rechten Zeit... und kein Mann kann der geschickten Verführerin mehr einen Wunsch abschlagen.
Auch die Damen in Rossinis Opern beherrschen die Kunst der Verführung. Hier drei Beispiele für besonders raffinierte Weibsbilder ;-)

Liebe auf den ersten Blick: Il Turco in Italia


Manche Frau muss gar nicht viel tun, um das Objekt ihrer Begierde zu erobern. So zum Beispiel die schöne Fiorilla. Gerade geht sie, gelangweilt von ihrem braven Ehemann, am Hafen spazieren, da legt ein Schiff an (man beachte die "Wellenbewegungen" der Streicher im Hintergrund, während die Sklaven singen, wie sie das Boot an Land rudern) und ein schöner Türke, Selim, steigt von Bord. Nachdem dieser ein charmantes Arioso auf die Schönheit Italiens gesungen hat, erblickt er Fiorilla und schon ist es um ihn geschehen. Man tauscht ein paar Höflichkeitsfloskeln aus, sie lässt sich ein wenig bitten, gibt ihm dann doch die Hand... schon singen beide, Feuer und Flamme füreinander:

Cara mano al sen' ti premo,
non ti voglio più lasciar.

(Teure Hand, an die Brust drücke ich dich,
und will dich nicht mehr lassen.)

...und jeder für sich freut sich, wie leicht die Italienerinnen/Türken zu erobern sind.

Non è poi così difficile,
questi Turchi / l'Italiane a conquistar.

Besonders schön ist gegen Ende (ab ca. 6.55min) auch das Orchester-Motiv, welches bereits in der Ouvertüre auftaucht und die Leidenschaft der beiden wunderbar unterstreicht.


Fiorilla - Sumi Jo (sopran)
Selim - Simone Alaimo (bass)

Geschickt um den Finger gewickelt: Matilde di Shabran


Ganz so leicht wie Fiorilla hat es Matilde di Shabran nicht, sich einen Mann zu angeln (aber sehr viel schwerer ist es ehrlich gesagt auch nicht). Als sie im Schloss von Corradino eintrifft, wird klar, weshalb er auch "Cuor di Ferro", also Eisenherz, genannt wird. Er ist ein grausamer Tyrann, der jeglichen Eindringling einsperren und verhungern oder gleich den Schädel einschlagen lässt. Außerdem eilt ihm der Ruf voraus, Frauen, Dichter und dergleichen zu verachten. Keine guten Karten also für Matilde, die Tochter eines verstorbenen Verbündeten Corradinos.
Doch in der folgenden Szene gelingt es ihr Stück für Stück, das Eisenherz nicht nur  zu erweichen, sondern sich den Herrscher gleich ganz und gar gefügig zu machen. Ginardo(der Turmwächter im Schloss) und Isidoro, ein Dichter (nur knapp Corradinos Zorn entgangen), beobachten und kommentieren das Geschehen zunehmend amüsiert.
Nachdem sie bei ihrer ersten Begegnung bereits bleibenden Eindruck hinterlassen hat (so sehr, dass Corradino sich zwischendurch erstmal von seinem Leibarzt dieses "seltsame Gefühl in der Brust" erklären lassen muss), gibt sie nun vor, direkt wieder gehen zu wollen ("Sagt nichts, ich gehe...").
Corradino ist sich unsicher, was ihm lieber ist: "Non partir... vanne, vola... parti... non partir... t'arresta il piè" ("Geh nicht... geh... eile... geht fort... geh nicht fort... warte!")
Als Matilde dann "per sempre addio" (lebt wohl für immer) sagt und obendrein auch noch weint, kann er nicht mehr an sich halten und teilt ihr mit, dass sie bleiben soll.
Das reicht Matilde jedoch nicht... Geschickt bringt sie den Tyrannen auch noch dazu, nacheinander seine Waffen, seine Rüstung und seinen Helm abzulegen (weil sie sich sonst vor ihm fürchtet!). Schlussendlich ringt sie ihm auch noch das Versprechen ab, fortan gütig, menschlich und liebevoll zu sein und sich ihr vor die Füße zu werfen, bevor sie endlich sagt:

Matilde tua sarà.
(Matilde wird dein sein.)

Sie schwelgen in einer leidenschaftlichen Liebesbekundung, während Ginardo und Isidoro sich vor Erheiterung kaum noch zusammenreißen können.

Piacere ugual gli Dei
non ponno imaginnar.
L'anima mia tu sei,
te sola voglio amar.

(Eine solche Freude 
können sich die Götter nicht vorstellen.
Du bist meine Seele,
dich allein will ich lieben.)


Matilde di Shabran - Annick Massis (sopran)
Corradino - Juan Diego Florez (tenor)
Ginardo - Carlo Lepore (bass)
Isidoro - Bruno de Simone (bass)

Raffiniert verführt: l'Italiana in Algeri


Die Powerfrau Isabella kommt nach Algerien, um ihren entführten Liebhaber Lindoro zu befreien. Allein die Tatsache, dass eine Frau die aktive Heldin einer Rettungsoper darstellte (und nicht das arme, entführte Wesen, welches von einem starken Mann befreit werden musste), dürfte in Rossinis Zeit als Komödienstoff gegolten haben. Hinzu kommt, dass ihr Liebster ausgerechnet Mustafa, dem Bey Algiers, in die Hände gefallen ist und nun in dessen Palast vor sich hinschmachtet. Zu allem Unglück soll er auch noch mit Mustafas Frau Elvira verheiratet werden, da dieser seine kapriziöse Gattin loswerden möchte.

Die listige Isabella zeigt mit dem folgenden Stück, dass sie kurz nach ihrer Ankunft in Algerien bereits drei Männer in ihren Bann gezogen hat. Neben Mustafa und Lindoro ist da nämlich auch noch Taddeo, ihr derzeitiger Begleiter...
Wohl wissend, dass Mustafa sie beobachtet, zieht die schöne Italienerin sich um und singt, dass sie sich für ihren Geliebten besonders schön machen will ("Dieser Schleier sitzt zu tief" usw). Der Plan funktioniert - Mustafa ist hin und weg ("Cara! Bella!" - Teure! Schöne!)
Durchs Fenster beobachten sie auch Lindoro und Taddeo, zunächst schimpfend ("Furba! Ingrata!" - Du Schlange! Du Undankbare!), doch am Ende sind auch sie völlig verzückt.

Hier die wunderbare Teresa Berganza mit jener bezaubernden Arie für Mezzosopran. :)


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