(Fortsetzung zu L'Italiana in Algeri - Ouvertüre und Einleitung)
Cavatina: Languir per una bella
Nachdem wir Mustafa und dessen Gattin Elvira kennengelernt haben, begegnen wir nun dem Mann, für den die Italienerin Isabella nach Algerien reist: Lindoro. Leider bleibt dieser im Verlauf der Oper eine eher blasse Figur: man erkennt nur wenige Charakterzüge an ihm und er bleibt überwiegend passiv. Es fällt dem einzigen Tenor in diesem Werk also alles andere als eine Heldenrolle zu. Dementsprechend "desolat" ist auch der Zustand, in welchem er uns begegnet: als Sklave Mustafas fristet er sein Dasein in dessen Palast (je nach Inszenierung durchaus in Ketten gelegt oder auch mal inmitten wilder Tiere als Stallbursche).
Dennoch ist seine Cavatina "Languir per una bella" ein ergreifend romantisches Stück, in dem er seine Liebe zu Isabella besingt:
Languir per una bella Nach einer Schönen zu schmachten
e star lontan da quella, und ihr fern zu sein
è il più crudel tormento ist die grausamste Folter,
che provar possa un cor. die ein Herz erdulden kann.
Forse verrà il momento; Vielleicht kommt der Augenblick,
ma non lo spero ancor. doch noch habe ich keine Hoffnung.
Contenta quest’alma Bei solchen Qualen
in mezzo alle pene findet diese Seele
sol trova la calma Ruhe und Frieden nur
pensando al suo bene, im Gedanken an die Liebste,
che sempre costante die in fester Treuesi serba in amor. ihre Liebe bewahrt.
Lindoro: Juan Diego Flórez
Turin, 2001
Duett: Se inclinassi a prender moglie
Zu allem Überfluss erwartet den gefangenen Italiener nun
gleich die nächste Katastrophe: Mustafa will ihn mit seiner Gattin
Elvira vermählen, um diese loszuwerden. Zwar versucht Lindoro zunächst, sich herauszureden, doch Mustafa beeindruckt dies nur wenig. Man müsse ja nicht nur aus Liebe heiraten und überhaupt sei Elvira eine gute Partie.
Mit weiteren Fragen und Forderungen an den Bey hat Lindoro nun ebenso wenig Erfolg:
"Sie soll rechtschaffen und gutherzig sein" - "Das ist sie ganz und gar."
"Ich wünsche mir... zwei schöne Augen." - "Es sind zwei Sterne."
"Das Haar..." - "Schwarz."
"Wangen..." - "Schön."
usw...
Dem armen Lindoro gehen also die Argumente aus und er muss sich Mustafa schließlich verzweifelt geschlagen geben. Hier diskutieren Ugo Benelli (Lindoro) und Sesto Bruscantini - "Se inclinassi a prender moglie":
Chor und Cavatina: Quanta roba! ... Cruda sorte!
Doch Rettung naht bereits. Ein Italienisches Schiff ist an einem Felsen vor der algerischen Küste aufgelaufen und deren Besatzung den Korsaren in die Hände gefallen. Diese freuen sich über ihre Beute ("Quanta roba! Quanti schiavi!" - "Jede Menge Beute! Jede Menge Sklaven!").
Die Frauen seien auch nicht schlecht - jedoch gebe es da EINE Schönheit ohnegleichen. Als Haly und die restlichen Korsaren Isabella erblicken, bestätigen sie einstimmig: "È un boccon per Mustafa!" -"Das ist ein Leckerbissen für Mustafa!"
Die Schöne steigt an Land und besingt ihr Schicksal in einer Cavatina, welche ihren Charakter ausgezeichnet unterstreicht: Sie ist charmant, klug und selbstständig. Statt sich in der Männerwelt herumschubsen zu lassen, zieht sie geschickt die Fäden und lässt alle nach ihrer Pfeife tanzen. Das macht sie, vielleicht neben Mathilde di Shabran, zu einer von Rossinis interessantesten weiblichen Charakteren.
Ihre Arie erfasst drei Stimmungen: zunächst ist Isabella empört, dass sie in Gefangenschaft geraten ist. Einen solch respektlosen Umgang ist die starke Frau nicht gewohnt. Dann erinnert sie sich an ihren geliebten Lindoro, für den sie all dies auf sich nimmt, und erhofft sich Trost. Schließlich findet sie zu ihrer Stärke zurück und besinnt sich auf die Waffen einer Frau: "Ich weiß, wie man Männer zähmt...."
Isabella - Lucia Valentini Terrani
Chor der Staatsoper Dresden
Gary Bertini, 1978
...Fortsetzung folgt! ;)
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